Südschweden II – Öland

von Christine Jung

Da wir in Falsterbo nicht sonderlich erfolgreich gewesen waren, brachen wir früher nach Öland auf in der Hoffnung, dass es dort fotografisch etwas besser laufen würde. Die Strecke zog sich ein wenig, da man die schwedischen Autobahnen nicht mit den deutschen vergleichen kann: Zum einen sind sie meist einspurig und von der Gegenfahrbahn durch eine kleine Mauer getrennt, so dass man nicht überholen kann, und zum anderen fahren die Schweden meist nicht einmal die Geschwindigkeit, die erlaubt ist – und das ist schon deutlich langsamer als in D. Man sollte also auch für nicht ganz so lange Strecken genügend Zeit einplanen. Doch schließlich kamen wir in Kalmar an, um dort über die 6 km lange Brücke nach Öland zu fahren. Auf der Insel angekommen, stand uns noch einmal eine Strecke von 50 km bevor, um an das südliche Ende der Insel zu gelangen (an die Nordspitze wäre es fast doppelt so weit) – Öland ist somit eine recht große Insel! Gegen Abend kamen wir erschöpft an unserer Unterkunft an – der Jugendherberge, der südlichsten Unterkunft auf Öland. Außer uns befanden sich nur noch ein paar weitere Birder in der Jugendherberge, so dass es recht ruhig war und man sich abends beim Kochen über die Sichtungen des Tages austauschen konnte.
Nachdem wir unsere Habseligkeiten ins Zimmer gebracht hatten, machten wir uns gleich auf, um an die Südspitze zur Vogelstation zu fahren. Diese liegt von der Hauptstraße gut 4 km entfernt beim „Langen Jan“, dem Leuchtturm der Südspitze.

 

Exkurs: Die Vogelstation Ottenby
Im Gegensatz zu Falsterbo haben es hier die Mitarbeiter der Vogelstation nicht weit zur Arbeit: Arbeitsstätte und Wohnhaus liegen dicht beieinander. Die Fangnetze sind überall zwischen den Bäumen und Hecken aufgespannt, und die Mitarbeiter gehen in regelmäßigen Abständen durch das kleine Areal und scheuchen die Vögel in die Netze. Sie haben sogar zwei „Helgoland-Tunnelfallen“ in ihren Gärten. In einem weiteren Gebäude befindet sich eine Art Infocenter zur Vogelwelt, wo man auch die neuesten Beobachtungen nachlesen kann. Zwergschnäpper und Gelbbrauenlaubsänger wurden zwar während der Zeit gesehen, zu der wir auch dort waren, aber wir haben sie nicht entdecken können. Letztendlich gibt es noch ein paar kleinere Häuser, die man besichtigen kann, um zu sehen, wie die Leute dort früher gelebt haben.

 

Die Südpitze Ölands mit dem „Langen Jan“ und der Vogelstation Ottenby (vorne links)

 

Die fotografischen Möglichkeiten – Morgens
Morgens hatten wir keine feste Stelle, an der man sicher etwas hätte fotografieren können. Unser erster Weg führte uns meist an die Südspitze. Auf dem Weg dorthin sollte man gerade im ersten Drittel der Strecke schauen, ob rechts und links der Straße Damhirsche in Fotoentfernung stehen. Am zweiten Tag haben wir das Wäldchen erkundet, das auf halber Strecke zwischen Hauptstraße und Südspitze liegt. Hier gibt es die Möglichkeit, bis an den Strand zu laufen, doch da man Richtung Osten schaut, ist das für morgens nicht so empfehlenswert. In dem Wäldchen selbst gibt es einen Aussichtsturm, von dem aus man mit etwas Glück (laut Aussage anderer Fotografen) vorbeifliegende Greifvögel fotografieren kann. So hat angeblich ein Fotograf ein paar Tage zuvor Baumfalken fotografieren können, die in der kleinen Lichtung vor dem Turm gejagt haben. Dieses Glück war uns leider nicht vergönnt. Während Mathias auf dem Turm auf Greifvögel wartete, begab ich mich mit dem Makro auf Motivsuche und fand u.a. Hornissen und Kleine Binsenjungfern. Etwas früher im Jahr kommen Makrofotografen hier sicher voll auf ihre Kosten!

 

Kleine Binsenjungfer am Morgen

 

Im Verlauf der Tage erkundeten wir den Südteil der Insel und besuchten alle Orte, die im Buch „Vögel beobachten in Europa“ für Öland beschrieben sind. Aus fotografischer Sicht hat das leider nicht besonders viel gebracht. Immerhin konnten wir ein paar Kraniche fotografieren, die sich auf dem Zug nach Süden befanden. Die Landschaft im südlichen Teil der Insel ist jedoch sehr interessant. Da die Erdschicht aufgrund von Erosion nur dünn ist, findet man hier eine Karst- und Heidelandschaft, die Stora Alvaret genannt wird. Diese Landschaft wurde im Jahr 2000 zum Unesco-Weltnaturerbe erklärt und ist auch ein Natura 2000-Gebiet. Große Flächen sind durch Steinmauern voneinander getrennt und werden hauptsächlich von Schafen, aber auch Rindern und Pferden beweidet. Die Landschaft sieht zwar etwas trostlos aus, hat aber auf der anderen Seite einen gewissen Reiz. Außerdem ist sie ein wichtiger Lebensraum für viele Vögel und ist botanisch sehr interessant.

 

Stora Alvaret (Foto: Mathias Schäf)

 

Die fotografischen Möglichkeiten – Abends
Da auch auf Öland der Wind ununterbrochen aus Osten kam, waren die Möglichkeiten, den Vogelzug im Bild festzuhalten, sehr eingeschränkt. Einen großen Vorteil hatte es allerdings: Bei der Vogelstation gab es einige beerentragende Gehölze, die bei Ostwind im Windschatten und abends im guten Licht lagen. Rotkehlchen, Klapper- und Mönchsgrasmücken hupsten durch die Sträucher und schlugen sich mit den Beeren den Bauch voll, um für den Weiterflug genug Energie zu haben. Man musste nur geduldig vor dem Busch darauf warten, dass sich ein Vogel mal etwas freier präsentierte und abdrücken. Zusätzlich wuselten überall Wintergoldhähnchen herum. Diese hielten sich allerdings bevorzugt in den etwas höheren Bäumen auf, um dort kleine Insekten zu jagen. Obwohl wirklich viele Wintergoldhähnchen in den Bäumen saßen, war es nicht einfach, sie zu fotografieren, da die Vögel sehr klein sind und meistens keine Sekunde still halten. Außer uns waren noch weitere Fotografen unterwegs, die jedoch eine für uns etwas merkwürdige Form der Fotografie betrieben: Obwohl die meisten weniger Brennweite als wir hatten, stellten sie sich mindestens doppelt so weit weg und von Zeit zu Zeit gab es ohne ersichtlichen Anlass Dauerfeuer. Mich würde ja mal interessieren, wie groß deren Wintergoldhähnchen im Bild waren 😉 In der Abenddämmerung flogen oft Bachstelzen über die Südspitze, um sich einen Schlafplatz zu suchen. Wenn der Himmel nicht gerade bewölkt war, konnten wir die Kormorane vor der untergehenden Sonne fotografieren.

 

Einflug der Bachstelzen kurz vor Sonnenuntergang

 

Die fotografischen Möglichkeiten – Nachts
Ein Mitarbeiter der Vogelwarte hat uns erzählt, dass Ziegenmelker nachts gerne auf der Straße nahe der Jugendherberge sitzen. Leider werden sie dadurch immer wieder zu Straßenverkehrsopfern. Mit diesem Wissen fuhren wir also an drei Abenden nach Sonnenuntergang die Straße in Schrittgeschwindigkeit auf und ab – leider ohne Erfolg. Das einzige, was wir entdecken konnten, waren ein paar Erdkröten. An einem Morgen bewahrheitete sich leider die Aussage zum Roadkill: Wir fanden einen überfahrenen Ziegenmelker auf der Straße.
Erdkröte im Scheinwerferlicht

 

Nach 5 Tagen beschlossen wir, auch Öland vorzeitig zu verlassen, um noch einmal in Falsterbo zu schauen, ob sich die Bedingungen verbessert hatten. Doch nachdem weder der Abend noch der darauffolgende Morgen ergiebig waren, entschieden wir, das Thema „Vogelzug in Südschweden“ zu beenden und nach Hause zu fahren.

 

Heimfahrt

 

Ein paar Eindrücke vom Naturreservat Ottenby


Links
Reisebericht Südschweden I – Falsterbo
Vogelstation Ottenby (auf Schwedisch)
Jugendherberge Ottenby (auf Englisch)
Mehr Informationen zum Stora Alvaret
Christines Special Schweden 2014
Mathias Special Schweden 2014

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.