Naturfoto-Festival in Lünen 2012

Wie schon in den Jahren zuvor fand auch 2012 am letzten Wochenende im Oktober das Internationale Naturfotofestival in Lünen statt. Die GDT (Gesellschaft Deutscher Tierfotografen) ist Veranstalterin des Festivals und hatte auch dieses Jahr wieder hochkarätige NaturfotografInnen aus dem In- und Ausland mobilisiert. Aussteller namhafter Firmen präsentierten auf dem Fotomarkt Altes und Neues. Der Europäische Naturfotograf des Jahres 2012 wurde gekürt und zahlreiche BesucherInnen haben dafür gesorgt, dass die 762 Plätze im Hilpert-Theater am Samstag sogar ausverkauft waren.

Das Festival

Zum achten Mal in Folge besuchten Mathias und ich das Naturfoto-Festival, welches dieses Jahr 20-jähriges Jubiläum feierte. Das Vortragsprogramm hörte sich – wie auch in den Jahren zuvor – äußerst vielversprechend an und wir waren gespannt, inwieweit sich unsere Erwartungen erfüllen würden. In dem folgenden Beitrag möchte ich meine persönlichen Eindrücke und Ansichten mit euch teilen.


Der Freitagabend

Freitag abends fand die Preisverleihung und im Anschluss daran die Ausstellungseröffnung statt. Da wir einen etwas längeren Anfahrtsweg haben und durch diverse Staus auf der Strecke immer wieder aufgehalten wurden, war es unser Ziel, zumindest einigermaßen pünktlich zur Ausstellungseröffnung in Lünen zu sein, was wir auch fast geschafft haben. Sascha Rösner und Marco Hoffmann, die schon früher am Tag angereist waren, hatten sicherheitshalber für uns noch ein Glas Sekt ergattert; Brezeln gab es dieses Jahr leider keine. Wir trafen auch gleich viele Bekannte, so dass wir gar nicht wirklich Zeit hatten, uns die Siegerbilder anzuschauen. Das Brezeldefizit wurde anschließend auf Italienisch gefüllt.


Neuheiten beim Fotofestival

Dieses Jahr gab es einige Neuerungen:
1) So bekam man diesmal mit seinen Karten Namenskärtchen zugeschickt, zu denen man sich in Lünen die Anstecknadeln holen konnte. Dies finde ich eine tolle Idee! Denn es gibt einige Leute, die man schon seit Jahren kennt, aber vielleicht nur einmal im Jahr in Lünen trifft. Da hat man natürlich in der Zwischenzeit die Namen vergessen, aber da man sich ja kennt, wäre es peinlich, noch einmal nachzufragen. Dieses Problem ist durch die Namensschilder gelöst. Oder man kennt viele Naturfotografen aus Foren oder über Facebook, weiß aber nicht, wie sie aussehen. Mit Hilfe der Namensschilder bekommt man so auch mal ein Gesicht zu den Namen. Fazit: Eine tolle Idee, die hoffentlich auch im kommenden Jahr beibehalten wird.
2) Zusätzlich zu der ENJ-Ausstellung, dem GDT-internen Wettbewerb und den Bildern im Außenbereich des Theaters gab es eine Ausstellung in der Rundturnhalle; etwa 50 Meter neben dem Theater/Hotel. Hier hatten die Besucher des Naturfotofestivals, aber auch die Bürger der Stadt Lünen die Gelegenheit, Bilder von Einzelfotografen (z.B. Heike Odermatt, Winfried Wisniewski oder Klaus Nigge) oder Gruppen (GDT-Jugendgruppe, Ungarischer oder Österreichischer Naturfotoverein) anzuschauen. Es war neben der Fülle von Motiven auch interessant, sich die einzelnen Präsentationsvarianten anzuschauen und so Ideen für eigene Ausstellungen zu sammeln. Die Eröffnung haben wir hier leider verpasst, aber Klaus Nigge, der zusammen mit Beate Rahberg die Ausstellung auf die Beine gestellt hat, erklärte am nächsten Tag, dass in seiner Vision Lünen einen Namen als Ausstellungsort bekommen soll und die Bilder zukünftig auch in den Straßen der Stadt Lünen ausgestellt werden sollen, so dass auch das „normale“ Publikum Gelegenheit hat, sich die Bilder anzusehen. Wenn auch bei der GDT-Ausstellung die Brezeln fehlten; hier gab es leckere Häppchen …
🙂


Der Samstagvormittag

Am nächsten Morgen wurde das Festival diesmal nicht vom Präsidenten der GDT, Martin Eisenhawer, eröffnet – denn dieser befindet sich von Berufs wegen auf dem Weg nach Thailand – sondern von den Vizepräsidenten Michael Lohmann und Sandra Bartocha. Da dieses Jahr Besucher aus 19 Nationen vertreten waren, übernahm Sandra Bartocha die Übersetzung für das englischsprachige Publikum. Es gab diesmal jedoch nicht nur Neuerungen, sondern es wurde eine Tradition fortgesetzt: Die Moderation wurde dieses Jahr wieder von dem „Dream Team“ Markus Botzek und Florian Möllers übernommen. Neben den üblichen Aufforderungen wie Handys auszuschalten, wurde auch darauf hingewiesen, keine Wertgegenstände im Autoliegen zu lassen. Dabei wies Florian Möllers darauf hin, dass Nikon-Kameras natürlich keine Wertgegenstände seien 😉
Den Anfang des Vortragsprogramms machte der Franzose Laurent Geslin mit seinem Vortrag „Urban Safari – Tiere erobern die Großstadt“. Es war ein sehr interessanter und abwechslungsreicher Vortrag, der von der Schwebfliege in der Vatikanstadt bis zu den Braunbären in Rumänien, die kleinen und großen Lebewesen zeigte, die – teilweise unbemerkt – in der Stadt leben. Interessant fand ich auch die ökologischen Hintergründe, wie z.B., dass Wanderfalken in Paris aufgrund der Straßenbeleuchtung nun sogar Jagd auf nächtlich ziehende Zugvögel machen oder auch Graureiher anfangen, nachts zu jagen. Da ein Bekannter von mir vor einiger Zeit die Idee hatte, die Natur in unserer Heimatstadt so abzulichten, dass immer ein Bezug zur Stadt vorhanden ist, kam dieser Vortrag genau richtig, um noch einmal ein paar Ideen zu sammeln.

Nach diesem gelungenen Start kam ein Vortrag, der sicherlich sehr viele der Anwesenden interessierte. Der Ungar Bence Mate gab einen Einblick „Hinter den Kulissen – Das Geheimnis der Action-Fotografie“. Ich kann mich noch gut an seinen Vortrag in Lünen vor ein paar Jahren erinnern, der mit Standing Ovations endete, da es eine ganz neue Art zu fotografieren war. Inzwischen hat Bence bei vielen hochkarätigen Wettbewerben Preise gewonnen, und so war es natürlich spannend zu sehen, wie er diese Siegerbilder aufgenommen hat. Zu Beginn seines Vortrags erklärte er dem Publikum, worauf es ihm ankommt: Technische Perfektion in Bezug auf Licht, Schärfe und Hintergrund, Neuartigkeit und dass die Bilder nicht wiederholbar sind. In diesem Zusammenhang ging er auf den Bau seiner verschiedenen Ansitzhütten ein und die damit verbundenen Schwierigkeiten, da diese teilweise halb am Seeufer eingegraben wurden oder sich in 10-15 m Höhe befinden. Er erklärte, mit welchem Aufwand er die laufenden Blattschneiderameisen aufgenommen hatte – wer von uns wäre schon auf die Idee gekommen, die Ameisen mit Hilfe eines Ventilators zur Computerkühlung alle in die gleiche Ebene zu „wehen“? Nur so gelang es ihm, alle Tiere innerhalb der geringen Schärfentiefe abzulichten. Und last but not least das in meinen Augen aufwändigste Unterfangen: Die Krauskopfpelikane am Kerkini-See in Griechenland. Natürlich hat man schon diverse Bilder von den dortigen Pelikanen gesehen, aber Bences Weitwinkel-Aufnahmen waren doch etwas Spezielles. Die umständliche Konstruktion für die Kamera wäre mir schon zu viel gewesen (großes Holzgerüst mit mehreren Schwimmern; die durch ein Gehäuse geschützte Kamera wird fernausgelöst). Als er dann meinte, dass er zwar mit den Bildern, die dabei herauskamen, zufrieden war, ihn aber doch irgendwie das trübe Wasser störte und er überlegte, wie er das sauber bekommt, dachte ich, – und wahrscheinlich das komplette Publikum auch – dass er einen Witz macht. Dem war aber nicht so. Er baute tatsächlich eine Art Pool in den See hinein, den er anschließend mit gereinigtem Seewasser füllte. Natürlich war auch das mit vielen Problemen und Rückschlägen verbunden, aber zum Schluss kamen die Bilder heraus, die er sich vorgestellt hatte und wir alle kennen. Es war ein sehr interessanter und aufschlussreicher Vortrag, der zeigte, dass Bence wirklich ein Perfektionist ist, dem nichts zu viel ist, um seine Bildvorstellung umzusetzen. Mir persönlich würde aber durch das ganze technische Drumherum der Bezug zur Natur fehlen. Nach dem Vortrag konnte das Publikum noch einige Fragen stellen. So wollte jemand z.B. wissen, ob es in den Glasscheiben zur Bildung von Reflektionen kommen kann. Bence meinte, dass das durch die Verwendung von „schwarzer“ Ausrüstung vermieden werden könne, was natürlich zu großem Gelächter führte.


Der Samstagvormittag – Teil 2

Nach der Kaffeepause, die wir für ein schnelles Anschauen der ENJ-Bilder sowie die Abstimmung zum Publikumspreis nutzten, ging es weiter mit dem rund 10-minütigen Kurzvortrag „Vielfalterleben – Insekten an der Bergstraße“ von Arik Siegel. Fünf Schmetterlingsarten und die Gottesanbeterin wurden in den verschiedenen Lebensstadien vom Ei bis zum adulten Tier gezeigt, was mir persönlich alles etwas zu faktenlastig und auch gleichförmig war. Ich hätte mich gefreut, wenn außer den Merkmalen/dem Aussehen der verschiedenen Stadien z.B. auch noch ein paar Lebensraumbilder zu sehen gewesen wären. Zum Schluss zieht noch jemand los und weiß zwar, wie die Tiere aussehen, wundert sich aber, warum er keinen Aurorafalter auf dem Trockenrasen findet. Arik zeigte auch eine Abfolge von Bildern, die einen Schwalbenschwanz nach dem Schlupf zeigen, bis zum dem Moment, an dem seine Flügel entfaltet sind. Hier gab es sogar Zwischenapplaus. Mich hat es allerdings etwas gestört, dass der Ausschnitt nicht immer derselbe war und der Falter deshalb etwas durchs Bild „gehüpft“ ist. Auf das Abschlussbild des „seltenen Arik-Falters“ (Bild eines Schmetterlings, dem die Markenzeichen von Arik, Baseballkappe und Bartzöpfchen, anmontiert wurden) hätte er besser verzichten sollen.

Anschließend folgte der Italiener Bruno D’Amicis mit „Die Abruzzen – Das wilde Herz Italiens“. Von diesem Vortrag habe ich mir viel versprochen und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Nach einem allgemeinen Teil über die Abruzzen mit ihrer Vielfalt in Hinsicht auf Flora und Fauna – viele Arten und Unterarten sind dort endemisch – folgten kleinere Einzelgeschichten über Gämsen, Wölfe und einen Schäfer, den Bruno D’Amicis zwei Wochen lang begleitet hat. Es fällt mir schwer, hier irgendetwas besonders herauszustellen, da er ein sehr vielseitiger Fotograf ist, der von Makro- über Tier- bis zur Landschaftsfotografie alles beherrscht und mit seinem tollen Erzählstil den Zuschauer erst zum Lachen bringt, um ihn anschließend zum Nachdenken anzuregen, dabei aber sich selbst nicht in den Vordergrund stellt. Alles in allem war dies vielleicht sogar der beste Vortrag des Festivals und es ist schade, dass er nicht auch Standing Ovations bekommen hat.

Im Anschluss kamen noch einmal Italiener, besser gesagt die Südtiroler von STRIX mit „Lebende Landschaften“. Sie präsentierten die Natur vor ihrer Haustüre im Jahresverlauf mit kurzen Exkursen nach Finnland und Island. Bei der musikuntermalten Präsentation konnte man deutlich sehen, dass die Gruppe ein sehr hohes Niveau hat und gute Fotografen aus allen Bereichen vereint. Mir persönlich war jedoch die Musikauswahl etwas zu langsam, aber Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden. Auch finde ich es bei Vorträgen mit Musik schade, dass fast nie der Bildübergang an die Musik angepasst wird. Das macht zwar sehr viel Arbeit, dafür gewinnt der Vortrag noch einmal an Wertigkeit.
Mit 40-minütiger Verspätung, die hauptsächlich durch die technischen Probleme im Vortrag von Bruno D’Amicis zustande kam, ging es hungrig in die Mittagspause.


Der Samstagnachmittag

Gestärkt und durch Kaffee zu neuem Leben erweckt ging es in den Nachmittagsblock, den Klaus Nigge mit „Saiga – In den Steppen Kasachstans“ eröffnete. Da Klaus Nigge ein guter Redner ist, war uns klar, dass uns eine unterhaltsame Geschichte erwarten würde und so war es auch. Er erzählte von den Problemen, Saigas zu fotografieren, dem vielen Schnaps, den er trinken „musste“, und wie am Ende dann doch noch ein paar Bilder rausgekommen sind. Saigaantilopen sind noch vor wenigen Jahrzehnten zu Hunderttausenden durch die Steppen Russlands gezogen, doch heute ist nur noch ein Bruchteil übrig, was unter anderem daran liegt, dass das Horn in China als Potenzmittel gehandelt wird. So war Klaus Nigge mit Wissenschaftlern der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt in vier Monaten sieben Mal bei den Saigas. Bei den meisten dieser Reisen kam nicht viel bei herum, doch bei der letzten Reise hat er ein Wasserloch gefunden, an das die Saigas zum Trinken kamen. Dort konnte er bei über 40°C Außentemperatur aus dem Tarnzelt heraus zwei Tage lang die besten Bilder der Saigas machen. Ein Raunen ging gegen Ende des Vortrags durch die Menge: Von einer letzten Reise brachte Nigge noch Fotos von Saigas im bitterkalten Winter mit. Diese asiatischen Antilopen auch mal im beeindruckenden Winterfell zu sehen; das war bisher wohl nur wenigen vergönnt.

Nach diesem gelungenen Vortrag kam ein weiterer 10-minütiger Kurzvortrag des Briten Barney Wilczcak: „Klein, lokal und langfristig – Wie großartige Geschichten vor der Haustüre entstehen“. Er fotografierte über 3 Jahre hinweg eine Heuwiese vor der heimischen Haustüre, um die dortige Biodiversität zu zeigen. Während seines Vortrags erzählte Barney Wilczcak, dass er nach 2 Jahren seine Bilder verkaufen wollte, aber keiner wollte sie haben. Naja, sagen wir so: Mir haben sie jetzt auch nicht so gut gefallen.

Im Anschluss folgte der russische Naturfotografen-Verband mit „Moderne Naturfotografie in Russland“. Dieser wurde vom Russischen ins Deutsche übersetzt und amüsant war, dass der russische Redner seiner Übersetzerin immer wieder ins Wort fiel und einfach weiter erzählte, so dass sie mit dem Übersetzen gar nicht hinterherkam. Der Vortrag war etwas langatmig, was wohl hauptsächlich an der Übersetzung und der doch eher monotonen Sprechweise lag. Interessant war die Geschichte  der Naturfotografie in Russland: Diese geht auf zwei Fotografen zurück, die heute 84 und 94 Jahre alt sind. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und nach der Einführung der Digitalkameras nahm jedoch die Anzahl an Fotografen zu und so gibt es heute sehr viele gute Fotografen in allen Bereichen.


Der Abschluss des ersten Tages

Nach einer letzten Pause für diesen Samstag wurde der Publikumspreis überreicht. Dieser ging an Edwin Kats für sein Bartmeisenbild mit Spiegelung.
Bevor nun der letzte Vortrag begann, hat Tom Skeele
, Geschäftsführer der iLCP (International League of Conservation Photographers) diese vorgestellt. Bei einer schnellen Befragung des Publikums stellte sich heraus, dass nicht viele die iLCP kennen, dabei gehören zu den 105 Fotografen z.B. auch Florian Möllers und Florian Schulz. In dem Vortrag „Die Kunst der Naturschutzförderung mit den Mitteln der Fotografie“ wurde gezeigt, dass man mit Fotos etwas bewirken kann. So nahmen Carleton E. Watkins und William Henry Jackson im 19. Jahrhundert Fotos von den Gebieten Yosemite und Yellowstone gemacht. Diese Bilder dienten als „Beweis“ für die unglaubliche Naturschönheit dieser Gebiete, denn viele Menschen kannten bis dahin nur die Darstellungen auf Gemälden und dachten, diese seien Fantasieprodukte der Maler. Auf Grundlage dieser Fotoarbeiten wurden schließlich der Yosemite und der Yellowstone Nationalpark gegründet. Die Arbeit der iLCP wurde erklärt: So werden 1-10 Fotografen zu einer „Field Expedition“ geschickt, um vor Ort Bilder zu machen. Aus den Bildern einer solchen Expedition wurde z.B. ein Video zusammengestellt, das in Honduras auf die Überfischung aufmerksam machen will und zeigen will, dass es sich lohnt, die Natur/den Ozean durch nachhaltige Fischerei zu bewahren. Dieses Video wird in Honduras von den drei großen Fernsehstationen gesendet. Man kann also die Menschen auf Missstände hinweisen und so den Widerstand dagegen wecken.

Den Abschluss des ersten Tages bildete Florian Schulz mit „Abenteuer Arktis“. Florian Schulz zeigte während seines Vortrags, wie er mit seiner Frau Emil und oft in Begleitung der Inuits per Hundeschlitten oder Kleinflugzeug durch die Arktis gezogen ist und wie dabei seine Bilder entstanden sind. Er zeigte tolle Bilder von Moschusochsen, Eisbären und Robben und erzählte viel zur Entstehungsgeschichte dieser Bilder. So lag er z.B. 14 h vor einem Robbenbaby, weil er darauf wartete, dass die Mutter aus dem Wasser kommt, um das Kleine zu säugen. Das Warten hat sich in diesem Fall gelohnt. Auch die Entstehung des Weitwinkelbildes eines Eisbären mit einem Walskelett im Hintergrund und die Freude über dieses Bild wurden sowohl bildlich als auch mit Videosequenzen anschaulich dargestellt. Was mir persönlich nicht so gut gefallen hat, war dass die Entstehungsgeschichte von Nanuk (übersetzt Eisbär), dem Kind von Florian und Emil, ein bisschen zu ausführlich erzählt wurde, aber das ist wahrscheinlich wieder Geschmackssache. Nicht jeder würde wohl seine private Familiengeschichte so dem Publikum präsentieren. Florian Schulz blieb jedoch nicht nur an Land, sondern ging zusätzlich unter Wasser, um dort Bilder zu machen. Neben der Schönheit der Arktis und seinen Bewohnern wies er auch auf die Gefährdung dieser Region hin. So gibt es z.B. das Prudhoe Bay Oil Field, das noch weiter ausgebaut werden soll, oder die Pläne diverser Regierungen, in der Arktis bald mit der offshore-Ölförderung zu beginnen. Denn viele Bereiche sind inzwischen abgetaut und bleiben eisfrei, so dass diese Gegenden nun für den Schiffsverkehr zugänglich werden. Dieser erstklassige Vortrag wurde zu Recht mit Standing Ovations honoriert.


Der Sonntagvormittag

Nachdem wir in der Nacht zum Glück aufgrund der Zeitumstellung eine Stunde länger schlafen konnten, kamen wir einigermaßen ausgeruht ins Hilpert-Theater. Inzwischen ist es Tradition geworden, dass sich jedes Jahr eine Regionalgruppe vorstellt; diesmal war es die Regionalgruppe 2 /Emsland, Münsterland, Niederrhein mit „Spielwiesen der Naturfotografie – Von der Dokumentation zur Abstraktion“. Die einführenden Worte sprach Winfried Wisniewski, den Markus Botzek sinngemäß so vorstellte: „Wer ist besser geeignet als Winni, um die Größe der Gruppe zu demonstrieren“. Daraufhin musste Winfried Wisniewski dann doch widersprechen: Die Gruppe wäre zwar schon groß, aber nicht breit. Nach einer kurzen Einführung und dem Hinweis, dass die Gruppe nicht die Schönheit der Heimat zeigen würde, da dort wenig fotografiert wird, wurden Bilder zu den Themenblöcken „Dokumentarische Fotografie“, „Emotionale Fotografie“, „Bewegung“, „Atelier Natur“ und „Extreme Sichtweisen“ mit Musik unterlegt gezeigt. Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, finde ich es wichtig, dass Bildübergänge an die Musik angepasst werden. Dies war leider nicht der Fall und erschwerend kam hinzu, dass pro Themenblock bestimmt drei unterschiedliche Musikstücke verwendet wurden, die manchmal nicht so recht zueinander passten. Zusätzlich wurden die Musik“übergänge“ teilweise mitten in den Höhepunkt eines Liedes gesetzt, so dass dadurch alles recht unrund wurde. Vielleicht bin ich in dieser Hinsicht auch zu kritisch, aber ich kenne einen Vortrag, bei dem Bilder und Musik perfekt zueinander passen und seitdem fallen mir Negativbeispiele umso mehr auf. Die Bilder an sich waren gut, was bei den „großen“ Namen in der Gruppe auch nicht weiter verwundert.

Im Anschluss folgte das Ehepaar Orsolya und Erlend Haarberg mit „Island – Land der Kontraste“. Für ihr Islandprojekt waren die beiden monatelang zu unterschiedlichen Jahreszeiten unterwegs gewesen und konnten dabei fantastische Bilder mit dem Schwerpunkt Landschaftsfotografie aufnehmen. Nachdem Orsolya Geschichten zur Entstehung diverser Bilder zum Besten gegeben hatte, folgte noch ein musikunterlegter Teil, bei dem die Musik extra hierfür komponiert worden war, was einem auch positiv auffiel. Auch die Übergänge zwischen den einzelnen Blöcken waren mal was Neues und gefielen mir gut. Hierbei wurde in einem Eck erst ein Begriff in Weiß auf schwarzem Hintergrund eingeblendet und anschließend das Gegenteil in Schwarz auf weißem Untergrund im gegenüberliegenden Eck. Zusätzlich kam noch ein Text, der immer mit den Worten „Imagine of …“ begann und denen dann drei Punkte folgten wie sinngemäß „ … a land of ice with …“. Während man als Zuschauer sich das noch vorstellte, wurden die entsprechenden Bilder gezeigt. Verdienterweise erhielten die beiden Standing Ovations. Trotz allem habe ich einen kleinen Kritikpunkt: Mir persönlich wurde zu lange auf die eigenen Veröffentlichungen eingegangen, die im Anschluss an dieses Projekt folgten. Meiner Meinung nach haben die beiden eine solche Eigenlobhudelei nicht nötig und ein Übersichtsbild darüber hätte ausgereicht.


Der Sonntagmorgen – Teil 2

Nach einer Kaffeepause ging es mit einem weiteren Ehepaar weiter: Heidi und Hans-Jürgen Koch präsentierten „2 Dekaden Lebensformfotografie – Ein Erkenntnisbericht“. Die beiden sind als Fotojournalisten tätig und erzählten von dem Problem, dass sie nicht so recht wissen, als was sie sich und ihre Art der Fotografie bezeichnen sollen. Fotojournalisten sagen, dass sie keine richtigen Fotojournalisten wären und für die Naturfotografen ist das, was sie fotografieren, keine Naturfotografie. Manche bezeichnen ihre Art der Fotografie als Kunst, dem widersprechen wiederum die Künstler. Aus diesem Grund haben sie nun den Begriff Lebensformfotografie für sich entdeckt. Nach einem Ausflug in die Vergangenheit zu den Anfängen ihrer Fotografie mit Bildern aus dem „Familienalbum“, rissen die beiden kurz an, welche Projekte sie in der Vergangenheit bereits fotografiert haben – ein Tierheim in Berlin, streunende Hunde in Spanien, Tierpräparation, Würmer, Kakerlaken und vieles mehr. Ein Ausspruch des Modedesigners Karl Lagerfeld inspirierte die beiden zu einem weiteren Projekt, der „Primate Couture“. Er sagte in einem Interview, dass die Mode den Mensch vom Tier unterscheiden würde. Daraufhin wollten die beiden den Menschenaffen des Krefelder Zoos Kleidungsstücke und Accessoires zur Verfügung stellen und schauen, was diese damit machen. Die Redaktion des Magazins, welche das Projekt veröffentlich wollte, legte natürlich Wert darauf, dass es Designerstücke sein sollten – eine schlechte Idee, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte. Es zeigte sich bei diesem Unterfangen, dass auch die Menschenaffen eine Art Modebewusstsein haben, und sich mit der Kleidung schmückten. Allerdings waren die Klamotten im Anschluss teilweise nicht mehr in einem Stück und auch der Geruch war gewöhnungsbedürftig. Da die Modehäsuer die Kleidung nach dem Shooting jedoch wieder zurückhaben wollten, wurden die stinkenden Fetzen zurückgeschickt. Die Redaktion hat bis heute kein einziges Wort darüber verloren. Heidi und Hans-Jürgen Koch war es wichtig zu betonen, dass sie mit diesem Projekt die Affen nicht „zum Affen machen“ wollten, sondern dass sie bei diesem Projekt und auch allen anderen den Tieren sehr viel Respekt entgegen bringen. Alles in allem war dies ein sehr guter Vortrag, der vielleicht nicht ganz in das Programm passte, jedoch trotzdem interessant und informativ war.

Vor der Mittagspause gewährte Grzegorz Lesniewski einen Einblick in „Die Karpaten – Im Herzen der polnischen Wildnis“. Er präsentierte seinen Vortrag in der Mischung, die mir mit am besten gefällt: Auf einen Erzählteil folgten musikunterlegte Bilder und zum Abschluss gab es ein paar Making ofs. In dem von Musik begleiteten Teil gab es viele kleine Blöcke, die dem Schema Landschaft – Tiere – Landschaft – … folgten. Es waren vielleicht zwei – drei Blöcke zu viel, aber alles in allem zeigte er tolle Bilder, die zum ersten Mal teilweise wirklich auf die Musik abgestimmt waren. So kämpften die Birkhähne im Takt der Musik und auch bei der Bildfolge der laichenden Frösche (Laichtümpel von der gleichen Stelle aus immer wieder fotografiert, um das Kommen und Gehen der Frösche zu dokumentieren) änderten sich die Bilder passend zur Musik. Und was passierte daraufhin? Bei diesen Passagen gab es ordentlich Zwischenapplaus – das spricht doch für sich! Bei den Making Ofs wurde klar, welchen Aufwand Grzegorz Lesniewski betrieben hat, um die Wölfe der Karpaten zu fotografieren. Das Auto blieb im knietiefen Schlamm stecken und die Teile für das „Tarnhaus“ mussten durch die Wildnis transportiert werden. Zum Glück hat er viele Fotografenfreunde, die ihn dabei unterstützt haben. Im Anschluss daran erzählte er, dass er mit einem Freund zusammen 14 Tage durchgehend in dem Versteck verbracht hatte, um an 2 Tagen Wölfe zu sehen und an einem zu fotografieren. Das nenne ich Einsatz.


Der Sonntagnachmittag

Nach der Mittagspause standen die beiden letzten Vorträge des diesjährigen Festivals auf dem Programm. Den Anfang machte Amerikaner Floris van Breugel mit „Inspiration Neugier – Kreative Ansätze in der Fotografie als Mittel für ein tieferes Naturverständnis“. Bei dem Titelteil „Kreative Ansätze“ hatten wir ja zugegebenermaßen ein paar Bedenken, doch diese waren unberechtigt. Floris van Breugel ist Wissenschaftler und Fotograf und möchte mit seinen Bildern neugierig machen. Er zeigte ein Bild einer Gesteinsformation mit unterschiedlichen Farben – Woher kommen die Farben. Ein Bild von Sanddünen von oben – Wie sind die Dünen entstanden? Eine Berglandschaft mit unterschiedlichen Farbtupfern durch blühende Blumen – Warum sind die Blumen so auf den Bergen verteilt, wie sie sind? Insgesamt zeigte er viele schöne Aufnahmen – hauptsächlich von Landschaften, und auch der Ausflug in sein Forschungsgebiet mit den Fruchtfliegen war sehr interessant. Es war somit ein sehr gelungener Vortrag.

Den Abschluss bildete Theo Allofs mit „Survivors – Vom Überleben der Tiere im menschlichen Dschungel“. Diesen Vortrag wollte er bereits letztes Jahr zeigen, doch da sein Vater unerwartet verstorben war, konnte er diesen verständlicherweise nicht halten. Dies wurde nun nachgeholt. Während seines Vortrags ging er auf verschiedene bedrohte Tierarten wie Orang Utans, Alarm-Schopfaffen, Rosa- und Zwergflamigos, Tiger, Komodowarane und noch einige mehr ein. Er erklärte, warum die einzelnen Arten bedroht sind – in allen Fällen trägt der Mensch die Schuld. Und hier offenbarte sich, dass der Titel nicht wirklich zu dem Vortrag passte. Denn die aufgeführten Tiere sind keine Überlebenden im menschlichen Dschungel, sondern ihr Überleben hängt einzig und allein ab vom Verhalten der Menschen und ihrem Umgang mit der Natur. Alles in allem war der Vortrag zu lang und viele der Zuschauer saßen auf glühenden Kohlen, da sie ihre Züge bekommen mussten oder noch eine lange Heimfahrt vor sich hatten.

So verließen dann viele Zuschauer auch beim Ende des Vortrags fluchtartig den Saal. Wir hatten noch etwas Zeit und blieben, um der diesmal sehr ausführlichen Danksagung an alle Beteiligten beizuwohnen. So erhielt Karen Korte einen Blumenstrauß, den Moderatoren Markus Botzek und Florian Möllers wurden Bücher überreicht, ebenso wie den „Technikern“ Bernd Nill und Marc Hesse und noch einigen Helfern mehr. Die vielen anderen Helfer, die z.B. beim Sektausschank geholfen oder Türsteher waren, wurden gesammelt auf die Bühne gerufen und allen wurde eine Rose überreicht. Während dieser Zeremonie gab es die dritten Standing Ovations des Festivals. Ein gelungenes 20. Naturfotofestival mit einigen tollen Neuheiten war wieder zu Ende gegangen.


Fazit

Während dieses Festivals fiel mir besonders auf, dass in der Art der Fotografie inzwischen einige Unterschiede zwischen den Generationen festzustellen sind. Die jüngeren Fotografen haben viele neue Sichtweisen und frische Ansätze, während die älteren bei ihrer Art zu fotografieren bleiben. Das muss nicht schlecht sein, doch insbesondere innovative Bildideen sorgen für den Aha-Effekt in den Vorträgen.


Vorschläge für die Zukunft

Einige Dinge, wie die Ausstellung in der Rundturnhalle und die Namensschilder, wurden dieses Jahr, wie bereits eingangs erwähnt, neu eingeführt. Dies sind tolle Ideen, doch noch immer gibt es eine Sache, die nicht so gelungen ist: Die Präsentation der Siegerbilder im Internet. Wie bereits in den vergangenen Jahren finde ich es ungemein störend, dass ich die Bilder einer Kategorie nicht in einer Tour durchklicken kann. Jedes Bild muss einzeln geöffnet und wieder geschlossen werden. Ich fände es außerdem toll, wenn bei jedem Bild die komplette Beschreibung wie bei der Ausstellung eingebunden wäre. So hätte man daheim noch einmal die Möglichkeit, sich alles in Ruhe anzuschauen und durchzulesen.

Auch finde ich die Idee, die wir bereits letztes Jahr hatten, nämlich in Zukunft das komplette Programm aufzunehmen und als DVD zu verkaufen, weiterhin spannend. Dies würde sicherlich großen Anklang finden und man könnte auch mal ohne schlechtes Gewissen einen Vortrag ausfallen lassen, um sich in aller Ruhe die Siegerbilder oder den Fotomarkt anzuschauen.

Herzlichen Dank an Mathias Schäf für die Fotos und an Sascha Rösner für das Korrekturlesen!