Extremadura 2009
von Christine Jung
Diesmal waren wir besser vorbereitet: Jeder hatte 2 Bodys und wir nahmen sicherheitshalber auch alle unsere Objektive mit. Man weiß ja nie.
Ursprünglich hatten wir geplant, wie in den Urlauben zuvor die gesamte Zeit in der Umgebung des Monfragüe-Nationalparks zu verbringen, doch Jochen konnte uns 2 Ansitzmöglichkeiten in der Serena, die mit dem Auto etwa 2 Stunden südlich des Nationalparks liegt, vermitteln. Unser Plan war nun folgender: Am Ankunftstag abends und am nächsten Tag morgens in der Serena fotografieren und anschließend den Rest der Zeit im Nationalpark verbringen.
Bei der Serena, die im Südosten der Extremadura liegt, handelt es sich um ein riesiges Steppengebiet, das unter anderem Groß- und Zwergtrappen, Sand- und Spießflughühnern, Trielen und diversen Lerchenarten einen Lebensraum bietet. Das Gebiet sieht auf den ersten Blick recht monoton aus: Große Getreidefelder wechseln sich ab mit unbepflanzten Hügeln voller Felsen und endloser baumloser Steppe. Die Trinklöcher der Schafherden stellen hierbei einen Anziehungspunkt für viele Tiere der Serena dar. Leider hatten wir keine Zeit, das Gebiet richtig zu erkunden, doch das, was wir bei den Anfahrten zu unseren Ansitzen sahen, sah viel versprechend aus.Am Abend des ersten Tages trafen wir uns mit dem spanischen Führer, der uns zu unserem ersten Ansitz brachte: Einer Schaftränke in der Steppe, an die Rotflügelbrachschwalben und mit etwas Glück auch Flughühner und Lerchen kommen. Neben die stationäre Ansitzhütte, die aus ein paar Holzbrettern zusammen gezimmert war, wurde für Mathias noch schnell ein Tarnzelt aufgestellt. Die Rotflügelbrachschwalben, die bereits durch ihre Rufe ihre Anwesenheit verkündeten, ließen nicht lange auf sich warten. Oft ließen sich 2-3 Individuen gleichzeitig zum Trinken nieder, beobachteten dabei jedoch aufmerksam ihre Umgebung. Auch Kalanderlerchen kamen zum Trinken, doch leider ließen sie sich meist in der entferntesten Ecke nieder. Eine Überraschung war ein Graureiher, der sich am Ufer der Tränke niederließ. In diesem Moment wurde ich daran erinnert, dass Graureiher normalerweise sehr scheu sind, was man gerne vergisst, wenn man die Reiher aus dem Stadtpark gewohnt ist. Nach 3 Porträts flog er davon. Auch eine weibliche Stockente ließ sich kurzzeitig in dem Teich mitten im Nirgendwo nieder. Doch das schönste Erlebnis war, als sich ein Pärchen Flughühner zeigte. Noch nie hatte ich Flughühner so schön beobachten können. Leider waren auch sie sehr vorsichtig und saßen von unseren Verstecken weit entfernt. Nach nur 1-2 Minuten flogen sie wieder davon. Als es zu dunkel zum Fotografieren war, packten wir unsere Sachen und das Tarnzelt zusammen, um uns im Hotel ein wenig wohlverdienten Schlaf zu gönnen, bevor es am nächsten Morgen wieder losging.
Nach nur wenigen Minuten kamen Stieglitze, Grünfinken und Grauammern. Dies waren am gesamten Vormittag die häufigsten Arten. Auch Einfarbstare kamen immer wieder zur Tränke, während wir Blauelster, Rotkopfwürger, Türkentaube und Kernbeißer nur 1-2 Mal zu Gesicht bekamen. Etwas weiter entfernt sahen wir auch eine Blauracke auf einer Leitung sitzen. Leider tat sie uns nicht den Gefallen, an die Tränke zu kommen.
Wenn man von der Extremadura erzählt, denken die meisten gleich an den bekannten Monfragüe-Nationalpark. Viele Fotografen haben schon von dem Castillo gehört, das dem Geierfelsen gegenüber liegt, und vom dem aus man neben Gänsegeiern auch Mönchs- und Schmutzgeier, Schwarzstörche, Rot- und Schwarzmilane und einiges mehr fotografieren kann.
Am Geierfelsen, dem Salto del Gitano, hat man im Juni die Gelegenheit, die Geier im Nest zu beobachten und wer ganz genau hinschaut, findet auch das ein oder andere Schwarzstorchnest im Felsen. Gleiches kann man am Portilla del Tietar beobachten, der etwa 20 km entfernt ebenfalls am Tajo liegt.
Am Morgen unseres letzten Tages strahlte die Sonne wieder vom Himmel und wir fuhren auf direktem Weg zu den Wiesenweihen. Den ganzen Vormittag verbrachten wir dort und am Computer sollten wir später sehen, dass die Weihen neben den normalen Eidechsen ab und zu auch eine Perleidechse gefangen hatten. Diese hätte ich gerne auch mal ohne Weihe fotografiert.
Als die Luft anfing zu flimmern, hörten wir schweren Herzens auf zu fotografieren und fuhren zu unserer Unterkunft, um zu packen und zu Mittag zu essen. Dann war es auch schon Zeit, nach Madrid an den Flughafen zu fahren. Ein kurzer, aber erfolgreicher und abwechslungsreicher Urlaub ging hiermit zu Ende. Wir haben uns aber vorgenommen, wieder zu kommen – vielleicht schon im nächsten Jahr.
Für Vogelfotografen hat die Extremadura das ganze Jahr über etwas zu bieten:
Von November bis März lassen die überwinternden Kraniche, die sich von den Eicheln in der Dehesa ernähren, das Herz des Vogelfotografen höher schlagen. Weitere Wintergäste sind Rotmilan, Ringel- und Hohltaube, Kiebitz, Goldregenpfeifer, Feldlerchen und verschiedene Pieperarten.
Im Frühjahr kommen die Brutvögel zurück und die Rufe der Bienenfresser liegen in der Luft. Auch Blauracken, Schwarzstörche, Schwarzmilane und viele Arten mehr stehen nun auf der Wunschliste des Fotografen.
Groß- und Zwergtrappen, Gänsegeier, Blauelster und noch einige Arten mehr können ganzjährig fotografiert werden.
Die Vogelfotografie ist in der Extremadura jedoch nicht so einfach, da die meisten Vögel recht scheu sind. Dazu kommt, dass alles eingezäunt ist, wodurch eine Annäherung unmöglich ist. Dies alles macht lange Brennweiten erforderlich. Zum Glück sind die Seitenstraßen wenig befahren, so dass man langsam die Straße entlang fahren und das Gebiet nach potentiellen Motiven absuchen kann. Und es passiert immer wieder, dass Rothühner nahe an der Straße laufen oder Singvögel etwas länger auf dem Zaun sitzen bleiben. Etwas einfacher ist es am Castillo, da die Vögel an manchen Tagen direkt auf einen zufliegen. Manchmal hüpft auch eine Zippammer oder Blaumerle auf einen nahe gelegenen Stein und lässt dem Fotografen genug Zeit für ein paar Bilder.
Landschaftsfotografie ist ebenfalls nicht so einfach, da durch die Umzäunung nicht immer der beste Standpunkt eingenommen werden kann.
Makrofotografen werden vor allem im Frühling auf ihre Kosten kommen, wenn alles grünt und blüht. Orchideen wechseln sich mit diversen Storchschnabelarten ab, Zistrosen blühen und verströmen ihren typischen Geruch und auch viele Arten, die auf der iberischen Halbinsel endemisch sind, sind zu finden. Ich hätte gerne den Erdbeerbaumfalter, den größten europäischen Schmetterling, fotografiert, doch leider habe ich ihn nicht einmal zu Gesicht bekommen.
Wenn man, was Tag und Uhrzeit anbelangt, flexibel ist, kann man bei Lufthansa einen 99 Euro-Flug nach Madrid bekommen. Von dort geht es mit dem Mietwagen weiter nach Westen: Die Fahrt nach Torrejón el Rubio dauert etwa 3 Stunden, die nach Castuera etwa 4 Stunden. In Torrejón gibt es mehrere Casa rurales (Zimmer plus Gemeinschaftsküche), Hotels und Appartements, zwischen denen man wählen kann. Wir waren immer im casa rural „La Cañada“ untergebracht. In Castuera ist die Auswahl etwas begrenzter: Wir haben 3 Hotels gesehen und im Hotel „Los Naranjos“ übernachtet.
Dehesa wird die einzigartige Landschaftsform genannt, die rund 50% der Fläche Extremaduras einnimmt und vor allem nördlich von Cáceres und Trujillo zu finden ist. 50% der weltweit existierenden Dehesas sind in Spanien anzutreffen; außerhalb der iberischen Halbinsel kommt diese Landschaftsform so gut wie nicht vor. Es handelt sich hierbei um eine vom Menschen über Jahrtausende geschaffene Landschaft, die sich vor allem aus Kork- und/oder Stieleichen mit unterschiedlichem Bodenbewuchs zusammensetzt. Am ehesten entspricht dieser Landschaftsform der „Hutewald“, den es früher in Deutschland gab. Damals wurden die Erzeugnisse der Bäume genutzt, und das Vieh weidete in den Wäldern und verhinderte durch das Abfressen weitgehend die Entstehung neuer Bäume. So entstand eine Art Parklandschaft.In der Dehesa werden jedoch nicht nur die Produkte der Bäume wie Holz, Eicheln und Kork sowie das Gras zum Weiden der Tiere verwendet, sondern es gibt noch eine dritte Nutzungsform, den Getreideanbau. Hierbei unterliegt der Bodenbewuchs einem Kreislauf: Nachdem in einem Jahr Getreide angebaut wurde, ist die Erde so ausgelaugt, dass sie mehrere Jahre braucht, um sich zu erholen. In dieser Zeit entwickelt sich der Bodenbewuchs von Wiesen zu buschigem Bewuchs, um dann wieder zum Getreideanbau genutzt zu werden. In der Zeit, die nicht für den Getreideanbau genutzt wird, weiden die Viehherden in dem entsprechenden Stück Land und halten den Bodenbewuchs unter Kontrolle.
Diese Art der Landschaftsnutzung mit dem damit verbundenen Reichtum an Flora und Fauna ist jedoch aus diversen Gründen in Gefahr. Die zuvor genannte Art der traditionellen Landwirtschaft wird immer unattraktiver, da sie nicht mehr lukrativ ist. Früher brachte die (Merino-)Wolle der dort gehaltenen Schafe der Gegend viel Geld, doch seit aus Australien günstigere Wolle kommt, ist die Nachfrage nach der teureren spanischen Wolle gering. Auch insgesamt ging die Nachfrage nach Wolle zurück, da es inzwischen eine Vielzahl an synthetischen Fasern gibt.
Dies hatte zur Folge, dass die traditionelle Weidewirtschaft, die Transhumanz, nicht mehr im früheren Ausmaß durchgeführt wird. Dabei wurden die Schafe im Laufe eines Jahres auf festgelegten Wegen auf der Suche nach frischem Weideland durch ein riesiges Gebiet geführt. Durch den Abfraß formten sie die Landschaft, die auf ihrem Weg lag. Heute werden die Schafe entweder mit Lastwagen zu frischen Weidegründen gefahren oder sie bleiben ganzjährig auf der gleichen Fläche, was zur Überweidung dieser führt, so dass zugefüttert werden muss. Die nicht abgefressenen Flächen verbuschen im Laufe der Zeit und verlieren ihren ökologischen Wert. Dadurch, dass sich die Arbeit nicht mehr auszahlte, kam es außerdem zur Landflucht, wodurch einige Flächen nicht mehr genutzt wurden und ebenfalls der Verbuschung zum Opfer fielen.
Eine neue Gefährdung des Einkommens stellt die Umstellung von Korkkorken auf Schraubverschlüsse und Korken aus künstlichem Material dar. Die Bewirtschaftung der Korkeichen wird sich auf Dauer nicht mehr rentieren, so dass die Bewirtschafter ihren Lebensunterhalt auf andere Art und Weise verdienen müssen.
Weitere Bedrohungen der Dehesas, aber auch der Steppelandschaften stellen das Aufstauen der Flüsse zur Stromerzeugung und der ausreichenden Wasserversorgung der immer weiter wachsenden Städte und der Straßenbau durch vorher unberührte Landschaften dar. Der Anbau von Eukalyptus zur Papiergewinnung in großem Rahmen konnte glücklicherweise durch den Protest von Naturschützen verhindert bzw. wieder rückgängig gemacht werden. Noch heute sind im Monfragüe-Nationalpark die Folgen sichtbar.
Eine Einnahmequelle in dieser Gegend stellt inzwischen der Ökotourismus dar, der langsam an Bedeutung zunimmt. Allerdings habe ich den Eindruck, dass die Extremadura außerhalb von Spanien noch bei wenig Menschen bekannt ist, was sich durch diesen Artikel hoffentlich etwas ändert. Einen weiteren Beitrag kann man leisten, indem man Produkte aus der Region kauft. Und was gibt es Besseres als durch das Essen von leckerem iberischen Schinken sogar noch etwas für den Erhalt dieser Landschaft zu tun?
Casa rural „La Cañada“ in Torrejón el Rubio
Hotels in Castuera
„Where to find birds in Southern and Western Spain“ gibt es hier
„Nature Guide to Extremadura“ gibt es hier
KORKampgane des NABU: Korken sammeln für den Kranichschutz