Mallorca 2010

von Christine Jung

Bereits vor rund 10 Jahren verbrachten Mathias und ich einen Urlaub auf der Lieblingsinsel der Deutschen, Mallorca. Zu dieser Zeit war ich noch mit einer analogen Kompaktkamera unterwegs; Mathias hielt eine EOS 1V mit 100-400 mm in der Hand. Da uns die Insel damals sehr gut gefallen und sich seither viel bei unserer Ausrüstung geändert hat, beschlossen wir, die Insel im Mai 2010 erneut zu besuchen.

 

Mallorca – Ein paar Fakten
Mallorca gehört wie auch Menorca, Ibiza und Formentora zu den Balearen. Aufgrund der kurzen Flugdauer von etwa 2,5 h und dem angenehmen mediterranen Klima erfreuen sich vor allem Mallorca und Ibiza bei den unterschiedlichsten Urlaubergruppen großer Beliebtheit: Die Jüngeren machen Party am Ballermann, Familien freuen sich auf den Strandurlaub und die Kinderbetreuung, die in den meisten Hotelanlagen angeboten wird, und Senioren verbringen den Winter gerne in wärmeren Gefilden. Seit einigen Jahren hat sich jedoch herumgesprochen, dass Mallorca auch für Naturinteressierte ein lohnenswertes Ziel ist. Wanderer finden für jedes Konditionsniveau die passenden Strecken, Botaniker finden zahlreichen Orchideen- und endemische Pflanzenarten und auch für Ornithologen gibt es einiges zu entdecken. Für Naturfotografen gibt es somit ebenfalls eine Fülle an Motiven.
Mallorca ist mit einer Fläche von ~3620 km2 rund 1,5-mal so groß wie das Saarland. Im Nordwesten erstreckt sich der Gebirgszug der Serra de Tramuntana, dessen höchste Erhebung, der Puig Mayor, eine Höhe von 1445 m aufweist. Der Gebirgszug im Südosten der Insel, die Serra de Llevant, ist sehr viel niedriger und übersteigt nur an wenigen Stellen die 500 m-Marke. Zwischen den beiden Gebirgen liegt eine Ebene, die Plà de Mallorca, in der Landwirtschaft betrieben wird. Einst gab es auch viele küstennahe Feuchtgebiete, von denen jedoch aufgrund von Entwässerungsmaßnahmen nur noch wenige erhalten geblieben sind. Die interessantesten – auch für Naturfotografen – sind S’Albufera, ein Süßwasserfeuchtgebiet, und die Salinen von Levante, die zur Salzgewinnung genutzt werden. Mallorca weist alle für den Mittelmeerraum typischen Landschaftsformen auf. Die Waldgebiete wurden schon früh gerodet, um das Holz für den Schiffsbau zu verwenden und um Kulturland zu gewinnen. Der daraus resultierende Niederschlagsrückgang führte zur Ausbreitung der Macchie, einer Art niedrigem Buschwald, woraus durch den Verbiss von Weidetieren die Garrigue mit niedrigem Strauchwuchs entstand. Beiden Vegetationsformen gemeinsam ist die Anpassung der Pflanzen an längere Trockenzeiten durch Hartlaub, Reduktion der Blattfläche oder Laubabwurf. Die Steineichenwälder in den Bergregionen waren vom Holzeinschlag weniger betroffen und stehen heute größtenteils unter Naturschutz. Die Aleppokiefernwälder in Küstennähe gehen dagegen teilweise auf Aufforstungen im 17. Jahrhundert zurück. Sie sollten das Vordringen von Piraten verhindern. Typisch sind auch die Oliven- und Mandelbaumplantagen; die Mandelbaumblüte im Spätwinter soll ein unvergessliches Erlebnis sein. Die vielen unterschiedlichen Lebensräume bieten zahlreichen Tieren einen Lebensraum. Trotz seiner Insellage gibt es auf Mallorca nur sehr wenige Endemiten; hierzu zählen die Balearen-Eidechse (Podarcis lilfordi) und die Pityusen-Eidechse (Podarcis pityusensis) und die Mallorca-Geburtshelferkröte (Alytes muletensis). Bei letzterer handelt es sich um eine Art, die man erst 1978 wiederentdeckt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt dachten die Biologen, dass sie vor 15000 Jahren ausgestorben sei. Inzwischen hat man diese Art jedoch in mindestens 6 Flusssystemen gefunden und Schutzprogramme eingeleitet, um die auf 1500 Individuen geschätzte Population zu erhalten. Die meisten Besucher sind aber nicht so sehr an Amphibien oder Reptilien interessiert, sondern an der vielfältigen Avifauna, die Mallorca zu bieten hat. Zum einen wären da die Seevögel, wie verschiedene Sturmtaucherarten, die auf der Insel brüten und zu fast allen Jahreszeiten über dem Meer zu beobachten sind. Des Weiteren stellt Mallorca auf dem Vogelzug einen Trittstein bei der Überquerung des Mittelmeers dar und ist für manche nord- und mitteleuropäische Art ein Überwinterungsgebiet. Und zu guter Letzt ist die Insel natürlich auch Brutgebiet für viele mediterrane Arten.

 

Kammblässhuhn in S’Albufera

 

Unsere Reise
Der Schwerpunkt unserer Reise lag – wie meist – auf der Vogelfotografie. Auf unserer Wunschliste ganz oben standen Korallenmöwe, Balearengrasmücke, Triel und Purpurhuhn. Da wir während unserer ersten Mallorcareise bereits die meisten kulturellen Sehenswürdigkeiten besichtigt hatten, konnten wir uns diesmal ganz auf die Fotografie konzentrieren. Das Naturschutzgebiet S’Albufera und die landschaftlich sehr schöne Halbinsel Formentor sowie das Hauptvorkommen der Korallenmöwen liegen im Norden der Insel, so dass wir uns entschlossen hatten, auch unser Quartier im Norden zu beziehen. Wir wählten eines der zahlreichen Hotels in Alcúdia, von dem aus wir S’Albufera in 5 min erreichen konnten. Am 5. Mai ging es nach den üblichen Sprengstoffkontrollen unserer Ausrüstung los Richtung Süden.
Nach unserer Ankunft fuhren wir mit dem Mietwagen erst einmal zu einer Freundin von Mathias, die im Süden von Mallorca lebt. Sie erzählte uns, dass es einige Tage zuvor ein fürchterliches Unwetter gegeben hat, bei dem ganze Straßenzüge unter Wasser standen und sogar ein Stück einer Hotelaußenmauer eingestürzt war. Wir waren gespannt, wie die Lage im Norden sein würde. Nachdem wir unser Hotelzimmer bezogen hatten, fuhren wir gleich nach S’Albufera, um uns vor Ort ein Bild zu verschaffen und um zu schauen, wo wir am nächsten Tag fotografieren wollen. Auf dem Weg zum Naturschutzgebiet waren wir schon einmal erleichtert, dass es anscheinend keine Auswirkungen des Unwetters mehr gab. Doch das änderte sich, als wir S’Albufera erreicht hatten.

 

Purpurhuhn in S’Albufera

 

Das Naturschutzgebiet S’Albufera
Bei S’Albufera handelt es sich um das mit 2400 ha größte Feuchtgebiet der Balearen, das 1988 zum Naturschutzgebiet ernannt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte S’Albufera schon einiges erlebt: Bereits im 17. Jh. versuchten die Bewohner, das Feuchtgebiet urbar zu machen. Da es eine ideale Brutstätte für den Malariaüberträger Anopheles darstellte, wuchsen im Laufe der Zeit die Bestrebungen, das Land trockenzulegen. 1856 wurden die ersten großen Entwässerungskanäle gebaut und es kam zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels. Allerdings strömte nun Meerwasser ein, das etwa 2/3 der trockengelegten Fläche versalzen ließ. Das Projekt war somit gescheitert. Nach einer weiteren vielfältigen Nutzung des Gebiets (Reisanbau, Papierherstellung aus Schilf), wurde in den 1960ern begonnen, Teile des Gebiets dem Tourismus zu opfern. Auch das in den 80er Jahren gebaute Wärmekraftwerk nördlich des Gebiets hat bis heute negative Auswirkungen auf das Feuchtgebiet. Mit seiner Ernennung zum Naturschutzgebiet wurde S’Albufera vor der endgültigen Zerstörung gerettet; bis dahin war es jedoch auf 1/3 seiner ursprünglichen Größe geschrumpft.
Heute erfreut es sich nicht nur bei Naturliebhabern großer Beliebtheit, sondern wird von den Bewohnern der umliegenden Hotels auch für Spaziergänge genutzt. Im Park selbst kommt man nur zu Fuß voran, was mit rund 20 kg Fotogepäck auf dem Rücken gerade am Anfang etwas anstrengend ist, doch am Ende des Urlaubs hatten wir uns daran gewöhnt. Zurück zu unserem ersten Besuch: Wir liefen also (ohne Fotogepäck) auf dem Hauptweg Richtung Informationszentrum. Nach der ersten Kurve geht ein Seitenweg in das Gebiet ab und was sahen wir? Er stand unter Wasser! Na gut, dachten wir uns, es gibt ja noch andere Wege. Wir liefen weiter auf dem Hauptweg zum Zentrum. Dort befindet sich normalerweise linkerhand eine große Wasserfläche mit davorliegender Uferzone, doch diesmal reichte das Wasser fast bis zum Zaun. Weiter ging unsere Erkundungstour am Zentrum rechts vorbei zu den anderen Wegen, die durch das Gebiet führen. Auch hier das gleiche Bild: Die Wege standen unter Wasser und waren durch rot-weiße Bänder für Besucher gesperrt worden. Den einzigen Weg, den man begehen durfte, war der zu den Beobachtungshütten Nr. 8 und 9 (siehe Karte im unten aufgeführten Link). Der schmale Weg, der sehr matschig war, war rechts und links von Blättern des Italienischen Aronstabs gesäumt; die Blüten waren allerdings fast alle verblüht oder durch den starken Regen auf den Boden gedrückt worden. An der Beobachtungshütte am Ende des Weges trafen wir einen deutschen Fotografen, der uns erzählte, dass dies der erste Tag war, an dem dieser Weg wieder freigegeben wurde. Wir hatten also Glück im Unglück. Er erzählte uns auch, dass sich in den Bäumen entlang des Kanals eine gemischte Reiherkolonie mit Rallen-, Seiden- und Nachtreihern befindet, deren Treiben man aufgrund der Lichtverhältnisse abends besonders gut fotografieren kann. Zurück am Informationszentrum holten wir uns eine Genehmigung, dass wir auch außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten im Park unterwegs sein dürfen, was für Fotografen, die ja immer beim ersten und letzten Licht vor Ort sein wollen, essentiell ist. Da wir den Naturreiseführer für Mallorca dummerweise daheim vergessen und nur den Wanderführer eingepackt hatten (auch wenn wir gar nicht vorhatten zu wandern), kauften wir im Besucherzentrum noch einen Birding Guide. Wir schauten uns weiter im Park um und stellten fest, dass an der überschwemmten Fläche links vom Zentrum die Vögel recht nah an den Zaun heran kamen, da ja auch das Wasser bis dahin reichte. Wir nutzten also die Folgen des Unwetters für uns aus und konnten durch den Zaun hindurch einige Arten fotografieren, an die wir sonst nicht so nah gekommen wären. Nach ein paar Tagen war das Wasser dann soweit zurückgegangen, dass es sich zum Fotografieren nicht mehr lohnte.

 

Knäkente auf einer überfluteten Wiese

 

Viele Abende verbrachten wir an der oben erwähnten Reiherkolonie und fotografierten Unmengen an „weißen“ Reihern. Hier merkte man mit der Zeit deutlich, dass das Brutgeschäft begonnen hatte: Waren die Reiher am Anfang unseres Urlaubs noch damit beschäftigt, ununterbrochen Stöcke zum Nestbau heranzuschaffen, stellte sich gegen Ende unseres Urlaubs eine „Flugfaulheit“ ein. Wir hatten es aber nicht so sehr auf Rallen- und Seidenreiher abgesehen, sondern auf die zahlenmäßig am geringsten vertretenen Nachtreiher. Diese hörten wir immer, bevor sie bald darauf – meist gegen 20 Uhr – aus den Büschen herausflogen. Wir trafen den deutschen Fotografen, von dem wir am ersten Tag den Hinweis auf die Reiherkolonie bekommen hatten, jeden Abend. Er war mit seiner Frau und seinem Kind in einem nahegelegenen Hotel untergebracht und musste jeden Tag um 19.30 gehen, damit er rechtzeitig beim Abendessen war. So verpasste er immer den Ausflug der Nachtreiher, was uns natürlich sehr leid tat.
An der Reiherkolonie:

 

Kuhreiher

 

Nachtreiher

 

Seidenreiher

 

Rallenreiher

 

Fotografieren in S’Albufera
Im Gebiet gibt es einige Beobachtungshütten, aus denen man auch fotografieren kann. Allerdings ist durch die erhöhte Position die Perspektive eher bescheiden. Besser sieht es schon aus, wenn ein Vogel vorbei fliegt. Die oben erwähnte Reiherkolonie bot sehr gute Fotomöglichkeiten. Allerdings gab es ein paar Stellen, an denen ein Schilfhalm, ein kleiner Baum oder der Zaun im Weg waren. Auf dem Weg zu den Hütten bzw. auf dem Weg aus dem Gebiet heraus sollte man immer seine Ausrüstung parat haben, da es jederzeit passieren kann, dass ein Vogel vorbei fliegt oder singend auf einem Schilfhalm sitzt. Wer gerne Makrofotografie betreibt, sollte vor allem morgens nach Libellen Ausschau halten, die vor allem in den Binsenbüscheln zu finden sind. Am Hauptweg entlang fanden wir 2 Orchideenarten, Bienenragwurz und Kleinblütiger Zungenstendel, (im Gebiet soll es noch einige andere geben) und um das Zentrum herum wächst ebenfalls eine Vielzahl an Blumen.

 

Frühe Heidelibelle an einer Binse

 

Die Korallenmöwen bei Pollença
Es ist bekannt, dass man am Strand von Pollença die Korallenmöwen am besten fotografieren kann. Bewaffnet mit Keksen machten wir uns an 2 Abenden auf den Weg, um unser Glück zu versuchen. Bei unserem ersten Versuch spielte das Wetter nicht mit, so dass wir unerledigter Dinge wieder abziehen mussten. Das Gemeine an diesem Abend war, dass es immer wieder so aussah, als würde die Wolke die Sonne gleich freigeben, doch kurz bevor es soweit war, tauchte aus dem Nichts eine weitere Wolke auf. So haben wir an diesem Abend nur gewartet und gar nichts fotografiert. Der zweite Versuch war jedoch erfolgreicher. Nachdem wir den Strand einmal komplett abgefahren hatten, hatten wir 2 Korallenmöwen entdeckt und näherten uns langsam zu Fuß. Sie waren scheuer als gedacht und flogen erst einmal ein Stück davon. Nun kamen die Kekse zum Einsatz. Die Möwen kamen nicht sofort angeflogen – wie wir uns das erhofft hatten -, sondern beobachteten erst einmal aus sicherer Entfernung unser Treiben. Irgendwann hatten sie dann ein Einsehen und boten uns einige gute Möglichkeiten, sie zu fotografieren. Aber 100% zufrieden sind wir noch nicht und werden, falls wir noch mal nach Mallorca kommen, einen erneuten Versuch bei den Korallenmöwen starten.

 

Korallenmöwe am Strand von Pollença

 

Die Halbinsel Formentor
Von Pollença aus ist es nur noch ein Katzensprung auf die Halbinsel Formentor im Nordwesten der Insel. Fährt man die schmale Straße voller Serpentinen bis zum Ende, gelangt man zum berühmten Kap Formentor mit seinem weißen Leuchtturm. Entlang der Straße gibt es immer wieder Parkplätze, von denen aus die Landschaft fotografiert werden kann. An einem Aussichtspunkt entdeckte Mathias eine Blaumerle und versuchte, sie vor die Linse zu bekommen. Weitere Vogelarten, die in der rauen Landschaft von Formentor vorkommen, sind z.B. die Balearen- und die Samtkopfgrasmücke. Von beiden Arten fanden wir Reviere in der Nähe des Albercutx Aussichtsturms – von dem aus man im Übrigen einen tollen Rundumblick hat –, doch sie waren wohl schon beim Brutgeschäft, denn die Männchen haben kaum noch von ihren angestammten Warten aus gesungen. Ganz am Anfang der Halbinsel befindet sich das Boquertal, das ornithologisch sehr interessant sein soll. An dem Tag, an dem wir dort entlang gewandert sind, stürmte es aber so sehr; dass von Vögeln nicht viel zu sehen war. Sie waren schlauer gewesen als wir und hatten sich an geschützte Stellen zurückgezogen.

 

Balearengrasmücke auf der Formentor-Halbinsel

 

Der Nordosten der Insel
Den Nordosten der Insel erkundeten wir aus mehreren Gründen: Zum Einen wollte ich am Strand von Cala Rajada schauen, ob die Trichternarzissen bereits blühen, zum anderen gab es einige Stellen, die im Birding Guide interessant klangen. So fuhren wir erst einmal auf den beschriebenen Routen (und einigen Nebenstrecken) durch das Artà-Gebirge auf der Suche nach kooperativen Vögeln – gefunden haben wir sie nicht. Dafür entdeckten wir einige ergiebige Stellen für Makrofotografie und da es sich am Mittag etwas zuzog, war es auch vom Licht her in Ordnung. Wir fanden Glöckchen-Lauch, Schopfige Traubenhyazinthe, einige Orchideen und manches mehr. Am Strand von Cala Rajada angekommen, nahmen wir erst mal ein spätes Mittagessen ein. Da es Mathias nicht ganz geheuer war, unsere Ausrüstung unbeaufsichtigt im Auto liegen zu lassen, ging er anschließend zurück, während ich noch ein wenig am Strand entlang ging. Wie ich befürchtet hatte, waren wir für blühende Trichternarzissen zu früh dran.

 

Schopfige Traubenhyazinthe

 

Das Inland
Ein guter Tipp des Birding Guides war eine Route bei Maria de la Salut („Es Blanquer“), das nicht weit von Alcúdia entfernt liegt. Dort bogen wir von der beschriebenen Route in einen Feldweg ab, dessen eine Seite mit hohen Gräsern, Disteln und anderen krautigen Pflanzen bewachsen war. Überall hörten wir Cistensänger und sahen sie auch durch die Luft fliegen. Wir bemerkten, dass ein Vogel immer wieder an der gleichen Stelle in das Gestrüpp flog. Das sahen wir uns genauer an. Bei unserer Beobachtung stellten wir fest, dass der Cistensänger oft auf einem dickeren schräg stehenden Stängel landete und daran herunter kletterte. Da er des Öfteren Nistmaterial im Schnabel hatte, war klar, dass der Vogel dort irgendwo sein Nest bauen musste. So eine Chance ließen wir uns natürlich nicht entgehen. An mehreren Morgenden platzierten wir unser Auto entsprechend, tarnten es und warteten. Es dauerte nie lange, bis der Vogel sich zum ersten Mal auf dem Ast niederließ. Da er sehr zielstrebig in sein Nest kletterte, hatten wir nicht viel Zeit, um unsere Aufnahmen zu machen. Auch nachdem er sein Nistmaterial eingebaut hatte, kletterte er manchmal an dem Halm wieder empor. In allen Fällen hieß es schnell reagieren, den Vogel im Sucher finden, den passenden Ausschnitt wählen und auslösen. Wer schon einmal Ansitzfotografie betrieben hat, kann sich vorstellen, wie hoch unser Puls in solchen Situationen war. Leider war das Wetter nicht auf unserer Seite. Wir sind oft bei sternenklarem Himmel in Alcúdia losgefahren und sobald wir etwas von der Küste entfernt waren, hat es sich zugezogen. Wir haben den Cistensänger somit entweder ohne Licht fotografieren müssen oder aber im schon zu harten Spätvormittagslicht. Das schöne Morgenlicht, das wir uns erhofft hatten, war nicht dabei.

 

Cistensänger beim Nestbau

 

Die Salinen von Levante
Die bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr genutzten Salzteiche bilden nach S’Albufera das zweitgrößte Feuchtgebiet der Insel. Sie liegen im Südosten der Insel und gehören zu einem ~1500 ha großen Naturschutzgebiet. Wir waren etwa in der Mitte unseres Urlaubs das erste Mal vor Ort und stellten fest, dass es sehr lohnenswert sein könnte, das Gebiet öfter aufzusuchen. Einige Stelzenläufer und Säbelschnäbler hielten sich mit ihren Jungen in einem Teich nahe der Straße auf und flogen immer mal wieder über die Straße zu den dort befindlichen kleineren Tümpeln. Oder es gab untereinander Streitigkeiten und die Vögel jagten sich gegenseitig. Beides bot gute Gelegenheiten für Flugaufnahmen. Des Weiteren brütete ein Seeregenpfeifer nah an der Straße, der eine vorsichtige Annäherung zuließ. Auf der anderen Seite befindet sich unter anderem eine große Brachfläche, auf der wir Triele beobachten konnten. Die Büsche und Hecken wurden von Rotkopfwürgern, Schwarzkehlchen und Samtkopfgrasmücken bewohnt. Zu guter Letzt boten die Brachflächen auch Gelegenheit, ein wenig Makrofotografie zu betreiben. Mathias hatte die Insel bereits vor rund 20 Jahren mit einem Freund besucht. Zu dieser Zeit waren beide noch mit analogen SLR-Kameras und wenig Brennweite unterwegs. Auch damals fotografierten sie schon an den Salinen und machten auf einem Ast Bilder von einem Rotkopfwürger mittels Kabelfernauslöser (das Kabel war 100 m lang!). Lustigerweise gab es genau diesen Ast immer noch und bei unserem ersten Besuch saß doch tatsächlich ein Rotkopfwürger darauf. Wir beobachteten den Ast über längere Zeit und überlegten schon, ob wir – diesmal mit Funkfernauslöser – den Rotkopfwürger fotografieren sollten. Die Frage erübrigte sich von selbst, da der Vogel außer dieses eine Mal nie wieder auf dem Ast zu sehen war. Was wir jedoch probierten, war ein Ansitz auf den Triel. Wir hatten beobachtet, dass sich einige Triele immer wieder am Rand der Brachfläche in der Nähe eines Busches aufhielten. Mit Tarnumhängen bekleidet und in den Busch integriert warteten wir an 2 Vormittagen – leider vergeblich.

 

Seeregenpfeifer

 

Stelzenläufer

 

Das Quäntchen Glück
Was wäre die Fotografie ohne den Zufall bzw. das Glück, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein? Auch uns wurde es in diesem Urlaub zuteil, wobei ich nicht wirklich davon profitieren konnte. Es war an unserem ersten Abend, als wir um Pollença herum fuhren. Aus dem Augenwinkel sah ich etwas Helles fliegen. Mathias stoppte auf meinen Zuruf sofort und wir schauten uns nach dem hellen unbekannten Flugobjekt um. Plötzlich tauchte es zwischen den Bäumen auf: Eine Schleiereule war in der Abenddämmerung auf der Jagd. Mathias wendete sofort und heftete sich an ihre Fersen. An einem günstigen Punkt stoppte er und wir beide sprangen aus dem Auto. Dummerweise hatte ich das erste Mal überhaupt die MKIII in der Hand und kannte mich mit deren Bedienung noch nicht richtig aus (von der MKIIN ist das doch wieder eine Umstellung). Während ich also mit meiner Kamera kämpfte, konnte Mathias sich voll und ganz auf die Eule konzentrieren. Das nächste Mal wird mir das nicht mehr passieren! Wir haben noch öfter nach der E Eule geschaut, doch nie wieder gesehen.
Wir hatten für diesen Urlaub noch einiges mehr geplant, wie z.B. ein Ausflug auf die Insel Cabrera, um dort Reptilien zu fotografieren, aber die 12 Tage gingen rum wie im Flug und vieles auf der To do-Liste blieb unerledigt. Allerdings ist das ja bei fast jedem Urlaub der Fall und so gibt es immer einen Grund, wieder zurückzukehren.

 

Schleiereule auf der Jagd

 

Nachtrag: Die Autovermietung
Wir hatten für unseren Urlaub ein Auto über CarDelMar gebucht; der lokale Partner war Goldcar. Was uns bereits am Anfang gestört hat, war, dass man die erste Tankfüllung zu einem überteuerten Preis gleich beim Anmieten des Autos zahlen musste. Als wir wieder daheim waren, kam dann die große Überraschung: Es waren noch einmal 80 Euro abgebucht worden. Ich fragte bei CarDelMar nach, was das sollte und erfuhr, dass wir das Auto so sehr verdreckt hätten, dass uns die Reinigung mit 80 Euro in Rechnung gestellt wurde. Auf den „Beweisbildern“ sah man dann eine leere Plastikflasche im Fußraum und eine Rolle Kekse im Kofferraum. Trotz mehrfachen Protests, auf den dann irgendwann gar nicht mehr reagiert wurde, bekamen wir unser Geld nicht zurück. So betreiben die wohl ihr Geschäft: Günstige Tarife anbieten, aber mit überteuerten Tankfüllungen und angeblichen Verschmutzungen des Autos das Geld an anderer Stelle reinholen. Wir haben im Laufe der Zeit schon sehr viele Autos gemietet, aber so etwas ist uns noch nie passiert. Aus diesem Grund werden wir in Zukunft darauf achten, nicht mehr bei CarDelMar zu buchen.

Mallorquinische Flora:

Bunte Bellardie,

 

Röhriger Affodill

 

und Eibischblättrige Winde

 

Links
Gerhard Beese: Reiseführer Natur Mallorca, Menorca, Ibiza, Formentora
A Birding Tourist’s Guide to Majorca
Homepage des Naturparks S’Albufera (auf Katalanisch)